Gängelung auf Rekordniveau PDF Drucken
Donnerstag, den 12. April 2012 um 10:32 Uhr

... aber gleichzeitig wurden so wenig Hartz IV Zahlungen an Bedarfsgemeinschaften entrichtet wie noch nie und das trotz höherer Regelleistungen auf dem Papier. Im Schnitt wurde pro leistungsberechtigtem Haushalt durchschnittlich 807,29 Euro pro Monat gezahlt. Laut Statistik wurden noch nie so wenig Zahlungen an Bedarfsgemeinschaften entrichtet seit Einführung von Hartz IV. Im Vorjahreszeitraum (Dezember 2010) lag die Summe trotz niedrigeren Regelleistungen noch bei 839,69 Euro und im Jahre 2006 sogar bei 870,26 Euro je Bedarfsgemeinschaft.

 

Noch nie wurden seit Bestehen der sogenannten Arbeitsmarktreform Hartz IV derart viele Leistungskürzungen bei ALG II Beziehern durchgeführt, wie es im letzten Jahr der Fall war. Das ergeht aus einer internen Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor. Demnach wurden im Jahre 2010 genau 829.375 Sanktionen ausgesprochen, im Jahre 2011 stieg die Anzahl auf 912.377. Im Durchschnitt wurden den Betroffenen 115,99 Euro monatlich „als Strafe“ gekürzt. Dabei sei an dieser Stelle noch einmal an das leicht eingeschlafene Projekt Sanktionsmoratorium erinnert.

 

Aber weniger Betrugsfälle: Die BA leitete im vergangenen Jahr rund 177.500 Straf- und Bußgeldverfahren aufgrund von Betrug beim Arbeitslosengeld II ein. Das sind knapp 22 Prozent weniger als im Jahr zuvor.

 


Interne Vorgaben zur Quotenerfüllung

 

In den letzten Jahren ist die Sanktionsquote immer weiter angestiegen. Das liegt nicht etwa daran, dass mehr „Vergehen“ begangen wurden, sondern weil die BA die Jobcenter-Mitarbeiter dazu anhält, „konsequent durchzugreifen“, auch wenn nur Bagatell-Vergehen - wie z.B. ein vergessener Termin - vorliegen. Es existieren zudem interne Berichte, nachdem sogenannte Sankionsqouten den Sachbearbeitern vorgeben werden. Jeder Jobcenter-Mitarbeiter ist dazu angehalten, bestimmte Quoten umzusetzen. Diese Quotenvorgaben werden zwar nicht öffentlich kommuniziert, werden aber von leitenden Behördenmitarbeitern bestätigt. So wird im Zweifelsfall immer gegen den Betroffenen entschieden. Schließlich können auf diese Weise auch Ausgaben auf Kosten der Leidtragenden gespart werden, wie die gesunkenen Zahlungen an Bedarfsgemeinschaften zeigen.

 

Dazu schreibt das Herner Jobcenter in seinem Bericht an den Sozialausschuss aud Seite 7 leicht vernebelnd: „Im Planungsbrief für das Jahr 2011 wurden seitens der Bundesregierung deutliche Erwartungen an die Jobcenter gestellt. ... Verringerung der Hilfebedürftigkeit (genauer Geld-Summe passive Leistungen): -3,3 %” und:  „Gleichzeitig wurde mit der Stadt Herne vereinbart, dass sich die Kosten der Unterkunft je Bedarfsgemeinschaft gegenüber dem Vorjahr nicht erhöhen.” Geklappt hat übrigens Beides nicht, was für die "Kundschaft" eher positiv ist. Denn die „Zahl der Bedarfsgemeinschaften sank um 2% im Jahresverlauf (von 10.801 im Januar auf 10.690 im Dezember) und entspricht mehr oder minder der Reduzierung der Summe der passiven Leistungen im Vergleich zum Vorjahr (2,3%)”. Da fehlen aber noch 0,3 %! Sind das die vermehrt ausgesprochenen Sanktionen? Darüber schweigt sich das Jobcenter im Bericht aus.

Im Radio verkündete der Chef des Jobcenters Karl Weiß dann auf einmal am 12. April '12, daß im Jahr 2011 die Sanktionen um sage und schreibe 23% gegenüber 2010 angestiegen sind. Übrigens auch zum weit überwiegenden Teil wegen Nichterscheinens. Und weit über dem Bundesdurchschnitt. Könnte das vielleicht damit zusammenhängen, daß man das Jobcenter "Ost" von der Markgrafenstraße in das Heitkamp-Gebäude verlagert hat, aber den Kunden mal diese mal jene Büroadresse genannt hat? Sollten die Hartz-4-EmpfängerInnen etwa bewußt verwirrt werden?

Nochmal kurz zu den Kosten der Unterkunft: Die stiegen dann doch entgegen der Vorgabe um 4,3 %, was auf die sukzessive Umsetzung der Fachbereichsverfügung KdU der Stadt Herne aus 09/2010 zurückgeht, die höhere Mietobergrenzen beinhaltet.

 

 

 

 

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